Die Frauen-Fabrik

magazin, 02.02.2017

KAHLA/Thüringen Porzellan GmbH ist als frauenfreundliches Unternehmen Vorreiter unter industriellen Herstellern – Ein Interview mit dem Geschäftsführenden Gesellschafter Holger Raithel

 

Herr Raithel, Ihre Belegschaft besteht zu zwei Dritteln aus Frauen. Die Geschäftsleitung besteht neben Ihnen ausschließlich aus Frauen. Warum bevorzugen Sie weibliche Mitarbeiterinnen in Ihrem Unternehmen? 

Raithel: Wir suchen bei KAHLA nach Mitarbeitern, die Ihre Aufgabe mit Leidenschaft erfüllen. Wir bewerten Menschen nach ihrer Kompetenz, nicht nach ihrem Geschlecht. Es geht darum Charaktere zu finden, die sich bei uns aktiv einbringen und mitgestalten möchten. Wer sich dauerhaft als fleißig, zuverlässig, teamfähig und kreativ herausstellt, hat bei KAHLA gute Chancen, viele Jahre ein Teil der Familie zu bleiben, sich weiterzuentwickeln und Unterstützung bei der Erfüllung privater und professioneller Ziele zu erhalten. 

 

Wie sieht diese Unterstützung aus?  

Raithel: Wir haben viele Angestellte, die neben ihrer Arbeit studieren. Wir übernehmen dafür die Kosten und geben Freiräume zum Lernen. Dabei profitieren wir von den hochmotivierten Menschen, die ihr Wissen stetig vermehren und mit ins Unternehmen bringen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Frauen häufiger bereit sind, diese Doppelbelastung auf sich zu nehmen und aktiv Weiterbildungsmaßnahmen anfragen. Unsere ehemalige Marketingleiterin ließen wir zu einer Weltumsegelung aufbrechen und gewannen sie nach zwei Jahren für eine neue Position zurück. Auch so etwas muss bei einem zukunftsorientierten Mittelständler möglich sein. 

 

Es scheint, als hüteten Sie einen ganzen Pool besonders starker Frauen. Warum klappt das in anderen Firmen nicht?

Raithel: Bei dieser Frage kann ich nur aus Sicht von KAHLA antworten: Mit einem emotionalen Produkt – unser Claim heißt nicht umsonst „Porzellan für die Sinne“ – sprechen wir vorwiegend eine weibliche Käuferschicht an. Da ist es doch naheliegend, dass die Hauptzielgruppe unserer Produkte auch die Geschicke des Unternehmens leitet. Entscheidend ist am Ende, dass sich alle Mitarbeiter ernst genommen fühlen – egal, ob Männlein oder Weiblein. Und da bei KAHLA der Teamgedanke im Vordergrund steht, gelingen viele Aufgaben mit weiblichen Teammitgliedern vielleicht besser als mit zu vielen Alphatieren.

 

In ihrem Werk in Thüringen arbeiten auch viele Frauen in produzierenden Berufen. Mangelt es da nicht an Muskelkraft? 

Raithel: Porzellan herzustellen erfordert weniger physische Kraft als Fingerspitzengefühl, Liebe für Details, Sorgfalt im Umgang mit dem Material. Die Damen im Werk haben jahrelange Erfahrung und behandeln jede einzelne Tasse wie einen wertvollen Schatz. Hier stellen Frauen mit sehr viel Liebe Porzellanobjekte her, die später wieder von Frauen gekauft werden. So schließt sich der Kreis.   

 

Was halten Sie von Quoten? 

Raithel: Gar nichts. Wir brauchen nicht noch mehr Regulierungswut. Allerdings halte ich sehr viel von einem hohen Bildungsstandard, den es in Deutschland zu bewahren gilt. Die psychologischen Probleme, die der ein oder andere Vorstand mit weiblichen Kollegen zu haben scheint, werden auch durch keine Quote gelöst.

 

Haben Sie keine Angst vor Ausfällen, die durch Schwangerschaften, Elternzeiten und Kinderbetreuung, die Ihr Unternehmen häufiger und härter treffen dürften als Produzenten mit höherem Männeranteil? 

Raithel: Angst ist grundsätzlich ein schlechter Ratgeber. Wenn der Ausfall einer Mitarbeiterin auftritt, dann finden wir eine Lösung. Solange es kein Problem gibt, müssen wir uns auch nicht den Kopf zerbrechen. Natürlich haben wir bei KAHLA eine große Aufgabe, werdende Mütter zu unterstützen. Diese Verantwortung nehmen wir gerne an. Eine Frau mit Kindern ist im Zweifel wesentlich loyaler als ein männlicher Workaholic auf Karrierekurs. 

 

Sind Sie ein Frauenversteher, Herr Raithel? 

Raithel: Das wäre fantastisch und ich würde nur noch Bücher schreiben. [lacht] Im Ernst: Ich habe mir diese Gender-Frage lange nicht gestellt. Als ich selbst Vater wurde, begann ich zu verstehen, was es bedeutet, ein Familienunternehmen zu führen und Zeit für die Familie zu finden. Ich möchte, dass meine Mitarbeiter glücklich sind. Deshalb sollen sie sich bei KAHLA sicher fühlen. Diskriminierung – wem gegenüber auch immer – würde ich keine Sekunde lang dulden.

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